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Autorenbildnwaller

Bringe deine Bilder auf das nächste Level – Mit diesem Tipp

Visuelles Storytelling. Was ist das?

Ich sitze über den Tisch gebeugt und zeichne wild.

Das Bild muss noch fertig werden. Es fehlt noch das Haus, in dem die zwei Protagonisten wohnen. Es wird nur auf ein paar Bildern im Buch zu sehen sein, das kann ich so runterzeichnen. Aus dem Kopf. Hauptsache es wird heute noch fertig.

Zooonk. Fehler. Ich habe einen wichtigen Punkt vergessen. Nur wusste ich das damals noch nicht. Wie auch. Ich bin ja erst neulich drauf gestoßen.

Aber es hätte mir viel Zeit und Arbeit erspart. Ich rede vom visuellem Storytelling.

Denn wichtiger als Fragen der Technik, welche Farbe oder welcher Stift oder welches Papier besser ist oder ob nun doch nur noch Photoshop.

Und mindestens genau so wichtig wie rechtzeitig fertig zu werden, ist die Frage, warum ich das Haus eigentlich so gezeichnet habe, wie ich es gezeichnet habe.

Warum hast Du das eigentlich gezeichnet?

Und zwar genau so? Was wollte ich damit aussagen? Ich weiß nicht, wie es bei deinen Bildern ist, aber von mir hättest du damals keine befriedigende Antwort bekommen. Doch dazu in einer Minute mehr.

Denn was meine ich überhaupt mit visuellem Storytelling?

Etwa, dass du mit deinen Bildern Geschichten erzählen sollst? Ich hoffe, das machst du sowieso.

Oder, dass du wie Sven Nordquist bei Peterson & Findus noch hier und da kleine Geschichten in den Bildern verstecken kannst? Finde ich schön, aber das meine ich auch nicht.

Visuelles Storytelling heisst, dass die Geschichte dein Bild bestimmen muss. Und der Beitrag den die Bilder zu Deiner Geschichte leisten müssen.

Die Geschichte bestimmt das Bild

Denn dein Stil und deine Technik interessieren da draußen keinen. Außer dich. Den Illustrator. Und vielleicht noch für deine größten Fans. Deine Eltern.

Verleger oder Editoren juckt das kaum. Was sie spannend finden ist der Inhalt deines Bildes. 

Denn auch wenn dein Stil noch so perfekt ist und deine Farben richtig gut abgestimmt, kann es sein, dass du das Bild nochmal zeichnen musst, wenn es die Story nicht unterstützt.

Story nicht unterstützt? Alles klar hier ein Beispiel. Mein Beispiel von weiter oben. Du erinnerst  dich? Spät nachts und ich zeichne ein Haus.

Design und visuelles Storytelling, wie man ein haus schön generisch zeichnet

Hallo Du generisches Haus


Hier ist alles dran was so zu einem Haus gehört. Ein Dach, verschiedene Fenster, eine Tür , sogar ein lustiges Gitter habe ich aufs Dach gesetzt. Jetzt kann ich es endlich schön kolorieren. Nur.

Es ist ein wenig langweilig. Das war mir schon beim zeichnen klar. Deshalb habe ich auch das Gitter, den übergroßen Schornstein und das Windrad eingefügt, um ein wenig Drolligkeit zu kreieren, es muss ja schließlich in ein Kinderbuch passen.

Aber was hätte ich stattdessen malen sollen? Nun das ist die falsche Frage. Richtiger wäre gewesen zu fragen, was ich eigentlich ausdrücken will.

Fange nicht mit zeichnen an, fange mit den richtigen Fragen an.

Finde zuerst heraus, was du eigentlich ausdrücken willst, und finde dann die besten Weg, es auszudrücken.

Hier sind ein paar Fragen, die ich mir vor dem Zeichnen hätte stellen müssen:

  1. Wo ist das Haus? In der Stadt auf dem Land?

  2. Wie fühlt sich das Haus an? Gruselig oder freundlich.

  3. Wie hört es sich an? Puckert irgendwo Wasser durch alte Rohre oder knarzt eine Holzdiele?

  4. Ist es unordentlich oder sauber?

  5. Wer lebt da eigentlich und wer hat es gebaut?

  6. Was zeichnet die Protagonisten aus?

Ich will dir das einmal an zwei anderen Häusern zeigen. Das erste ist das Haus Beutelsend des Hobbits Bilbo Beutlin – ein so genannter Smial. Das zweite Haus ist die Hütte von Jason Voorhees aus dem Movie Franchise Freitag der 13.

Warum Bilbo nicht im finsteren Wald wohnt, aber Jason schon.

Die beiden Häuser haben ein paar Gemeinsamkeiten. Es sind zum Beispiel beides keine Häuser mit sauberen geraden Linien. Es wurden unterschiedliche Materialien beim Bau verwendet und sie sind ein wenig zugewuchert.

Aber sie haben eine ganz unterschiedliche Wirkung. Beutelsend sieht heimelig und gemütlich aus, mit runden Fenstern und angenehmen Farben:

Design und visuelles Storytelling, die richtigen Komponenten machen es gemütlich

Beutelsend – Hier will man doch gerne wohnen


Für Jasons Hütte gilt aber das genaue Gegenteil. Sie ist ein unheimlicher und abstoßender Ort, an dem man eher nicht – erst Recht nicht bei Nacht – sein will.

Design und visuelles Storytelling, wie man einen ungemütliches Ort schafft

Jason’s shack – Home sweet home


An beiden Häusern haben Designteams getüftelt und es ging in erster Linie nicht einfach nur darum einen gemütlichen oder unheimlichen Ort zu schaffen.

Zuallererst sollten nämlich Orte geschaffen werden, die ihre Bewohner beschreiben und uns ohne Worte, nur mit der Kraft der Bilder ein Gefühl für sie vermitteln. Show, don’t tell. Das alte Prinzip einer gut gezählten Geschichte gilt eben auch für Bilder.

Frag Dich einmal selber. Wer wohnt in Jasons Hütte? Ein liebenswerter zerstreuter Hobbit? Oder eine penible alte Frau die zum Kaffeekränzchen lädt? Wohl kaum.

Weg vom generischen Design, hin zum spezifischen Design.

Wenn es um die Bilder eines Kinderbuches geht, musst du alles so designen, dass es wie aus einem Guss ist. Nicht jedes einzelne Bildelement muss zur Story beitragen, aber wenn man nur 30 Bilder hat, um eine Geschichte zu erzählen, sollten alle Bilder kraftvoll genutzt werden, um die Protagonisten und ihre Reise zu beschreiben.

Und allein schon ein Haus, wenn es denn gut designet ist und zum Besitzer passt, erzählt eine Geschichte. Und gutes Design bedeutet hier, im Vorfeld die richtigen Fragen zu stellen.

Das gilt natürlich nicht nur für Häuser sondern für alles, was in deiner Geschichte auftaucht und zum Protagonisten gehört. Ein Auto, ein Flugzeug oder die Kleidung die er trägt.

Es kann aber auch Dinge geben, die genau das Gegenteil dessen sind, was den Protagonisten ausmacht und ihn grade deswegen beschreiben.

Und was mache ich aus meinem Haus?

Genau. Was bedeutet das für mich? Nun ja. Nachdem mir all das klar wurde, schaute ich mir mein Haus an und fand es immer noch langweilig. Und noch mehr als das. Ich fand es schlecht designet.

Es beschreibt meine Protagonisten nicht und leistet keinen Beitrag zur Geschichte. Es sei denn meine Protagonisten sind etwas generisch, mit einer Prise klassischem Altbau.

Und habe ich mir überhaupt Gedanken über die Architektur gemacht?

Nein habe ich nicht. Und das habe ich witzigerweise immer dann gemerkt, wenn ich das Dachfenster gezeichnet habe.

Da ich keine klare Vorstellung vom Haus hatte, zeichnete ich die Innenansichten immer mit einem viereckigen Fenster, weil ich ein dreieckiges Fenster plus Dachschräge zu kompliziert zu designen fand.

Probleme im Storytelling, weil ohne Plan gezeichnet wurde

In der Innenansicht ist das Fenster quadratisch


Bei Außenansichten fand ich wiederum das dreieckige Fenster schicker, weil es etwas interessanter aussah und sich einfacher aufs Dach zeichnen ließ. Und ja, mir waren die beiden Fenstertypen bewusst, aber ich wollte erstmal fertig werden – es gab ja schließlich den ambitionierten Zeitplan, pro Woche ein Bild fertig zu stellen – und dann später in Photoshop entscheiden, auf welchen Bildern ich das Verzerren Tool anwenden werde. 🙂

Probleme im visuellen Storytelling wenn man sich keine Gedanken über die Architektur macht

Von außen darf das Fenster gerne dreieckig sein


Jedes Storytelling braucht ein Fundament

Doch noch mehr. Ich hatte gar keine Ahnung wie es im Haus aussieht. Das wird zum Beispiel hier am Treppenhaus deutlich. So wie ich die Räumlichkeiten denke, rennt der Knirps nach hinten aus dem Schlafzimmer ins Treppenhaus, die Treppen runter und zur Tür.

Aber von oben betrachtet ist eigentlich gar nicht soviel Platz im Haus. Da passt nur das Schlafzimmer rein und selbst dann wird es eng. Und wo ist das Bad und die Küche. Alles im Erdgeschoss? Da ist ja eigentlich schon die Hälfte mit dem unteren Teil des Treppenhauses belegt.

Storytelling notwendig. Zwar schön gezeichnet, aber wo kommt all der Platz im Haus her

Aus dem Zimmer, die Treppe runter zur Tür … ganz schön viel Platz im Haus


Ich weiß schon, du denkst jetzt ’so what‘. Das ist doch alles Phantasie, da ist halt mehr Platz drinnen, als man von außen sieht. Mag sein, aber das finde ich zu einfach und es befriedigt mich nicht. Mehr noch, es ärgert mich, wenn die Physik meiner Welt nicht stimmt.

Bestimme die Physik deiner Welt und dann halte dich streng an deine eigenen Regeln

Daher habe ich mich erstmal hingesetzt und das gemacht, was ich von Anfang an hätte machen sollen. Fragen gestellt:

  1. Wer wohnt in dem Haus?

  2. Wie fühlt es sich an?

  3. Wie riecht es? Wie hört es sich an?

  4. Wo steht es?

  5. Wer hat es gebaut?

  6. Was zeichnet die Protagonisten aus?

Und nachdem ich nun die richtigen Fragen kenne, wird es Zeit die Antworten zu suchen. Und dann das Haus so zu designen, dass es das visuelle Storytelling unterstützt. Und zwar hier.

Schreib spannend, langweilig gibt’s schon genug.

Dein Niels

Beitrag Titelbild: Photo by Clem Onojeghuo on Unsplash

Beitragsbild Beutelsend: Photo by Hamilton & Waikato

Beitragsbild Jasons Hütte: Photo by Headhuntershorrorhouse

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