„Ganz am Anfang machte es mir Spaß, neue Geschichten zu erfinden. Aber heute, wo ich irgendwie müde von der Art meiner Zeichnungen geworden bin, wird es schwierig.“ (Sven Nordqvist, 2011)
Fühlst du dich nicht auch ab und zu wie Sven Nordqvist? Bist in einem kreativem Loch. Gelangweilt vom deinem Stil. Kein Vorankommen? Schreibblockade?
Eigentlich ist es ganz einfach etwas dagegen zu tun. Darauf hat mich Jake Parker in diesem Video gebracht und das Zauberwort lautet 30 Tage Challenge.
Ich spreche in den folgenden Absätzen zwar über das Zeichnen, aber es lässt sich genau so gut auch auf das Schreiben oder jede andere Art von kreativem Schaffen übertragen.
Was ist Kreativität…
… und wann ist man eigentlich kreativ?
Die meisten Künstler bleiben fast ausschließlich innerhalb ihrer Komfortzone. Da hat sich dann ein bestimmter Stil etabliert oder bestimmte Elemente gehen einem besonders gut von der Hand.
Der eine zeichnet gerne Tiere, der andere lustige Gestalten und wieder ein anderer am liebsten weite offene Landschaften mit Hügeln und Bäumen.
Das ist dann das berühmte Plateau. Man ist gut in einer Sache, aber kommt auch nicht wirklich vom Fleck.
Man ist auch nicht kreativ. Es sei denn, ein Fließbandarbeiter, der immer wieder die gleichen Handgriffe tätigt, ist kreativ.
Das kreative Bankkonto?
Jake Parker spricht gerne vom kreativen Bankkonto, auf dass du all deine Erfahrungen und Eindrücke einzahlst. Und wenn du etwas zeichnest, hebst du von diesem Konto ab. Soweit so klar.
Aber was, wenn man lange nichts eingezahlt hat? Wenn man keine Ideen und keine Inspiration mehr hat und sich immer wiederholt? Oder wenn man sich auf einem Plateau befindet und nicht vom Fleck kommt. Das geht übrigens nicht nur dir so.
Selbst Sven Nordqvist hatte irgendwann keine Lust mehr auf Petterson & Findus und war gelangweilt vom eigenen Zeichenstil. Nachzulesen hier.
Schreibblockade?
Nun zuerst einmal könntest du mal rauskommen aus deinem Alltagstrott.
Schritt 1: Erweitere deinen Horizont und sammel neue Eindrücke
Zeichne einfach mal in anderen Genres. Lese andere Bücher und schaue andere Filme.
Oder geh in eine Galerie, wo du noch nie warst. Ach was Galerie. Geh einfach mal irgendwohin, wo du noch nie warst. Es muss ja nicht der Amazonas sein, ein anderer Teil deiner Stadt, deines Dorf oder wo auch immer du wohnst.
Genau. Ich spreche von der ranzigen Eckkneipe. Gehe dort hinein und rede mit Leuten mit denen du normalerweise nicht redest.
All das erweitert deinen Horizont und ermöglicht es dir, ein besserer Geschichtenerzähler zu werden. Und darum geht es fast immer, wenn man kreativ ist, sei es visuell oder als Autor oder anderswie.
Kreativ sein: Du nimmst verschiedene Dinge, die du erlebt und konsumiert hast und kreierst daraus etwas komplett Neues. Du schaffst etwas Einzigartiges, weil niemand sonst diese Dinge so gesehen hat und erlebt hat, wie du.
Daher haben wir alle so gute Ideen im Urlaub – wenn ich zurück bin, müsste ich mal so eine Kneipe in Berlin gründen oder Hey, genau so etwas fehlt noch bei uns in der Stadt – weil unser kreatives Zentrum von all den neuen Eindrücken angesprochen wird.
Schritt 2: Nimm deine Eindrücke und pack sie in eine 30 Tage Challenge
30 Tage Challenge? Genau, der Inktober ist z.B. so eine 30 Tage Challenge und was soll ich sagen, mir hat das einiges gebracht. Durch die Geburt unserer Tochter hatte ich nicht mehr viel gemalt hatte und bin tatsächlich in ein kreatives Loch gefallen. Inktober saved my ass, wenn man so will.
Aber eine 30 Tage Challenge kann noch mehr.
1. Sie zwingt dich mit Einschränkungen zu arbeiten.
Den Inktober hatten wir schon. Hier ist das Medium (nur getuschte Zeichnungen) die Einschränkung. Oder Du machst beim Illustration Friday mit, da ist das wöchentliche Thema die Einschränkung.
Es gibt die Comic-Collabs von Schlogger, mit der Einschränkung Thema und Medium. Den March of Robots mit der Einschränkung des Themas und viele mehr.
Der Grund warum du eingeschränkt arbeiten solltest ist klar.
Um jegliche Ablenkung zu limitieren. Damit du eben nicht dasitzt und grübelst, welches Medium oder was du zeichnest und in welcher Zeit.
Mehr Optionen führen zu mehr Frustration. Und Frustration führt zu Abbruch.
2. Du musst liefern (am besten nicht nur dir selbst)
Du kennst das bestimmt, wenn man einmal etwas angefangen hast, ist man anfangs immer top motiviert, das Projekt auch zu beenden.
Das ist erstmal gut, aber je länger du dein Ziel alleine verfolgst, desto schwieriger wird es. Weil du nicht nur Auftraggeber, sondern auch dein bester Gönner bist und immer super verständnisvoll, was deine Bedürfnisse angeht.
Was du bist noch müde. Kein Problem, dann lass doch heute die Challenge ausfallen und morgen machst du dann einfach doppelt so viel.
Daher solltest du solche Wettbewerbe entweder mit jemanden zusammen machen, man will sich ja nicht gegenseitig enttäuschen. Oder an öffentlichen Challenges teilnehmen.
Oder die Challenges auf deinem Blog posten. Denn was sollen deine Leser nur denken, wenn du etwas groß ankündigst und dann nicht lieferst.
3. Sie hilft dir, neue Gewohnheiten aufzubauen
Alleine schon die Anstrengung täglich eine oder zwei Stunden freizuschaufeln, bringt dich in Windeseile Richtung neue Gewohnheit. Man sagt ja, es braucht 20 bis 180 Tage, bis sich eine neue Gewohnheit quasi eingebrannt hat, dass heißt die 30 Tage Challenge ist schon mal ein richtig guter Anfang.
Charles Duhigg beschreibt in seinem Buch Die Macht der Gewohnheit: Warum wir tun, was wir tun** den so genannten Habit Loop (Gewohnheitsschleife). Hier gibt es immer eine Ausgangsituation, die führt zu einer Routine und dann gibt’s die Belohnung.
Ausgangssituation: Arbeit fertig. Routine: Umziehen und zur S-Bahn gehen. Belohnung: Feierabendbierchen. Solche Routinen sehe ich zumindest immer viele im Regio nach Hause.
Und genauso ist es auch bei einer 30 Tage Challenge. Ausgangssituation: Wecker klingelt um 5:00 Uhr früh. Routine: Hinsetzen und 2 Stunden zeichnen. Belohnung: Gut gemacht, etwas Kreatives gezeichnet.
Wenn du das 30 Tage lang machst, will dein Gehirn immer wieder das ‚Gut gemacht‘-Gefühl.
Meine 30 Tage Challenge – Jeden Morgen um 5:00 Uhr früh für 2 Stunden zeichnen
4. Sie hilft dir Großes mit kleinen Schritten zu erreichen
Nehmen wir mal an du willst etwas Großes schaffen – etwas richtig Großes, so wie ich ein Kinderbuch oder ein richtig schönes Bild.
Viele sperren sich dann übers Wochenende ein, schimpfen auf die Freunde, die sich ausgerechnet jetzt treffen wollen und wimmeln die Mutter ab, die zu Besuch kommen will. Und am Ende? Hat sich der ganze Stress gelohnt?
Wahrscheinlich nein, denn man wollte etwas viel zu Großes in viel zu kurzer Zeit. Aber runter gebrochen auf 30 Tage wäre das große Projekt vielleicht möglich gewesen.
Gut, ein Buch wird man nicht schaffen – zumindest kein größeres, aber das ist es, was dir diese Challenges beibringen.
Du kannst Großes erreichen, wenn du jeden Tag ein wenig daran arbeitest. Viele überschätzen, was man in einem Jahr erreichen kann und unterschätzen, was man 5 Jahren erreichen kann.
Das ist wie mit dem Sparen, wenn du jeden Tag 2.75 € in das Sparschwein schmeißt, hast du am 31. Dezember 1000 € von denen du dir etwas Schönes kaufen kannst. (Notiz für mich, weniger Snacks für den Nachhauseweg bei Le Crobaq kaufen).
5. Sie stärkt dich mental
Eine 30 Tage Challenge zwingt dich, über den Tellerrand zu schauen. Nehmen wir mal an, du entscheidest dich, am Inktober teilzunehmen. Die ersten Tage zeichnest du wahrscheinlich deinen üblichen kram, den du immer zeichnest.
Aber irgendwann gehen dir die Ideen aus. Und dann musst du dich strecken, etwas Neues ausprobieren, um neue Ideen zu entwickeln. Wie weiter oben beschrieben, neue Erfahrungen sammeln und dein kreatives Bankkonto wieder auffüllen.
Du musst übrigens nicht auf den Inktober warten, sondern kannst sofort anfangen. Vielleicht werden die ersten fünf Zeichnungen oder zehn Seiten oder sogar alle Stücke schlecht.
Aber es geht auch gar nicht darum perfekte Kunstwerke zu schaffen, sondern darum positive Gewohnheiten zu formen. Ein Plateau zu verlassen, mit dem Zeichnen anzufangen und neue Techniken auszuprobieren.
Also los geht.
Am Abend schon alles vorbereitet, dann kann es morgens gleich losgehen
Schritt 3: Schaffe dir Freiräume
Wie fängst du also an? Sag einfach nicht, heute werde ich zeichnen und dann passiert nichts. Sondern suche dir eine freie Stunde, wo dich niemand stört.
Bist du berufstätig so wie ich, wird das vermutlich in den Morgenstunden sein. Aber umso besser, da ist es wenigstens schön ruhig. Bette das wie ein Ritual in deinen Tagesrhythmus ein. Wecker klingelt. Schreiben / Zeichnen. Belohnung.
Eine neue Gewohnheit zu schaffen ist übrigens ein zartes Pflänzchen. Verhindere also Enttäuschungen. Wenn du also abends etwas später ins Bett gehst, dann nicht ganz so früh aufstehst und erstmal alles zusammensuchen musst, verlierst du kostbare Zeit und die Belohnung ist nicht groß genug, um die Gewohnheit zu formen.
Wie schnell wirft man dann das Handtuch und sagt sich „Alles Mist, morgen mach ich’s aber richtig!“
Daher ist es am besten, wenn du abends schon alles vorbereitet hast, so wie ich auf dem Bild oben. Und beim Einschlafen überlege ich mir dann noch, was ich morgen bearbeiten will, dann springe ich immer top motiviert aus dem Bett und setze mich sofort an den Tisch.
Ich wünsche dir viel Erfolg bei deiner Challenge. Schreib mir in die Kommentare was du gemacht hast und ob eine neue Gewohnheit daraus geworden ist.
Schreib spannend, langweilig gibt’s schon genug.
Dein Niels
Titelbild: Photo by Rachael Gorjestani on Unsplash
Beitragsbild Schreibblockade: Photo by Aaron Burden on Unsplash
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